Temperaturgradient

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Hannes
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Temperaturgradient

Beitrag von Hannes »

An unsere Metrologen im Verein:

Im Buch "das Thermikbuch" von Burghard Martens, 1.Ausgabe
habe ich mir das Kapitel 9, der Temp. genauer angeschaut.
Burghard schreibt, rechntet folgend:
Meter 1000 Temperatur 25
Meter 2000 Temperatur 18
Meter 3000 Temperatur 10
Meter 5000 Temperatur 2

Der Temp zwischen 1000 und 2000m berechnet sich jetzt ganz einfach. 1000 Meter Differenz geteilt durch 7 (die Differenz
zwischen 25 +18) ergibt einen Temp von -0,7 (minus weil die Temperatur abnimmt).
Als Tabelle erhält man:

Höhe 1000-2000m -0,7 Temp
Höhe 2000-3000m -0,8
Höhe 3000-5000m -0,4
Genau so stehts im Buch, werd aber aus dieser Rechnung nit schlau!

Noch ein Beispiel: Säntis (2500) Temperatur 12
Jungfrauenjoch(3573) Temperatur 4
ergibt: -0,84 Temp :klugscheisser:
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Reto
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Re: Temperaturgradient

Beitrag von Reto »

Verdammt. Ich hab da aufm Kofel an was anderem rumstudiert, sorry :).

Eigentlich ist das was er da macht simpel, nur eben falsch, wenn du das so 1:1 übernommen hast. Was er ausrechnet ist ja der mittlere Temperaturgradient dieser Schicht (also z.B. zwischen 1000 und 2000). Was du herausbekommen willst ist die Tatsache, ob ein Temperaturgradient eher stabil oder labil ist. Der trockenneutrale Temperaturgradient ist ja -1Grad/100m wie wir alle wissen. Was du also rausbekommen willst, ist Grad/100m.

Das bekommt man natürlich nicht raus, wenn man 1000m/(-7)Grad teilt sondern wenn man -7Grad/1000m teilt. -7Grad/1000m ergibt sodann -0.007Grad/m oder eben -0.7Grad/100m.

Dasselbe müsste er natürlich auch bei der Jungfrauaufgabe machen, sodann wäre die Rechnung (4°C-12°C)/(3573m-2500m) und das ergäbe dann -0.74Grad/100m anstelle der -0.84.
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Re: Temperaturgradient

Beitrag von Hannes »

Also ja mit de 0.007, da bin i a draufkommen.
Aber er hat des im Buch dann nit ganz offensichtlich so geschrieben.
Wenn des also mit deiner Rechnung stimmt, dann kenn i mi aus.
Danke Reto
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Roland S.
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Re: Temperaturgradient

Beitrag von Roland S. »

Hallo Hannes!

Waren wohl schon ein paar andere Beiträge früher da, meiner ist dafür länger! :lol:

Grundsätzlich wird mit dem Temp die Geschwindigkeit der Temperatur-Änderung angegeben.
Es wird also die Höhe in Relation zur Temperatur betrachtet.
Ähnlich wie "Kilometer pro Stunde" hat sich "Grad pro hundert Meter" durchgesetzt.
In Deinem Rechenbeispiel bedeutet -0,7 also eine Temperaturabnahme von 0,7 Grad pro hundert Metern, bzw. 7 Grad auf Tausend.
Höhe 1000-2000m -0,7 Temp
Höhe 2000-3000m -0,8
Höhe 3000-5000m -0,4
Bei einsetzender Sonneneinstrahlung wird die Luft über der Oberfläche erwärmt.
Ist der Temperaturunterschied zur nicht erwärmten Luft groß genug wird die warme Luft aufsteigen.
Gleichzeitig beginnt sie sich jedoch während des Aufstieges langsam abzukühlen.
Sagen wir mal mit 0,65 Grad pro hundert Metern.
Das heißt bei einem Temp. von -0,7 wird der Temperaturunterschied zwischen aufsteigender Luft und Umgebungsluft immer größer (nämlich um 0,05 Grad pro hundert Metern)
Die erwärmte Luft wird also mit zunehmender Höhe immer schneller aufsteigen.
In der Praxis bedeutet das, daß das Vario immer schneller piepen wird.

In Luftschichten mit einem Temp. von -0,8 wird dieser Prozess noch stärker ausfallen.
Im Beispiel bedeutet das, daß die Steigwerte zwischen 2.000 und 3.000m stärker zulegen, als darunter.

Bei einem Temp. von -0,4 wird hingegen die aufsteigende Luft beim Aufsteigen schneller abkühlen,
als die Umgebungstemperatur. Mit zunehmender Höhe (im Beispiel über 3.000m) werden also die Steigwerte immer weiter abnehmen.

Im konkreten Beispiel ist also davon auszugehen, daß die Steigwerte bei 3.000m am höchsten sein werden.
Geht man davon aus, daß ein Luftpaket in der Höhe von 1.000m bis zur Auslösetemperatur von sagen wir mal 25,5 Grad erwärmt wird, wird es zu steigen beginnen.
Dieses Paket wird in einer Höhe von 2.000m noch 19 Grad haben. Der Unterschied zur Umgebungstemperatur beträgt dann 1 Grad und hat sich damit verdoppelt.
In 3.000 Metern wird das Paket auf 12,5 Grad abgekühlt sein. Das sind dann schon 2,5 Grad Unterschied. Die Steigwerte dürften recht knackig ausfallen.
In 4.000m wird das Paket nur noch 6 Grad haben. Die Umgebungstemperatur beträgt dort ebenfalls 6 Grad.
Das Luftpaket wird also nicht mehr weiter aufsteigen.

In unserem Beispiel ist also von einem guten Streckenflugtag auszugehen.
Die Basishöhen werden bei ca. 4.000m liegen.
Die Bewölkung wird sicher nicht dramatisch ausfallen, Überentwicklungen sind nicht zu erwarten.
Für weite Strecken ist es vermutlich am sinnvollsten, die Bärte nicht ganz auszudrehen,
da die Steigwerte weiter unten deutlich besser sind. (Gilt aber nicht vor z.B. großen Talquerungen - da ist Höhe alles)


Nicht nur für dieses Beispiel gilt:
Bei Luftschichtungen in denen die aufsteigende Luft immer schneller wird und dadurch mit zunehmender Höhe größere Steigwerte erreicht werden können spricht man von labilen Luftschichtungen.
Eine Überentwicklung wird wahrscheinlich, wenn die Labilität auch in großen Höhen nicht abnimmt (also auch über 3.00 m ein Temp. über 0,65)
Eine stabile Luftschichtung liegt vor, wenn der Temp. kleiner 0,65 ist. Dann wird jede aufsteigende Luft schon im Keim erstickt.


Ich hoffe, daß Die gestellte Frage gut erklärt ist.
Für weitere Fragen, oder auch Einwände habe ich jedoch ein offenes Ohr.

Gruß,
Roland

P.s.: Wäre schön, wenn jemand die Originalerklärung aus dem Buch evtl. hier einstellen könnte - grad nur so zum Vergleich.
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Re: Temperaturgradient

Beitrag von Reto »

Servus Roland

Im Prinzip stimmt es, was du sagst. Es scheint nur, dass du etwas oft in den Wolken fliegst ;). Die 0.65K/100m sind der feuchtadiabatische Temperaturgradient, also dann, wenn die Luft beim aufsteigen kondensiert (also in der Wolke). Bei tockener Luft, wenn also keine Kondensation stattfindet, musst du mit dem trockenadiabatischen Temperaturgradienten rechnen. Luft die ohne Kondensation unter addiabatischen Bedingungen aufsteigt (auch das ist nur eine Annäherung an die Realität, passt aber recht gut) kühlt um 1K/100m aus.

Unser Beispiel mit einem Temp von -0.7 wäre also trocken stabil. D das Luftpaket kühlt sich mit 1K/100m ab, die Luft jedoch nur mit 0.7K/100m, die Umgebungsluft nimmt also mit der Höhe weniger stark ab und das Luftpaket kann keinen Temperaturvorsprung erarbeiten bzw. nimmt die Auftriebskraft ab und das Luftpaket "bleibt stehen".

Sind wir jedoch in einer Wolke und haben einen Temp von 0.7K/100m, so ist diese Luftschicht feucht labil. Während die Umgebungsluft mit der Höhe um 0.7K/100m auskühlt, kühlt das Aufsteigende Luftpaket weniger stark ab. Es kann sich also einen Temperaturvorsprung erarbeiten oder ihn ausbauen und wird nach oben beschleunigt.

Das ganze gibt's also nun in diversesten Kombinationen.
>-1K/100m: trockenlabil und feuchtlabil
1K/100m: trockenneutral und feuchtlabil
1K/100m > Temp > 0.65K/100m: trockenstabil und feuchtlabil
0.65K/100m: trockenstabil und feuchtneutral
0.65K/100m > Temp: trockenstabil und feuchtstabil

PS: Ich hoffe ich habe mich jetzt vor lauter labil und stabil nicht vertippt :mrgreen:

--------------------

Ach ja noch eine kleine Korrektur. Die Steigwerte in den Wolken sind nicht tiefer. Natürlich können sie tiefer sein. Nimm jedoch einmal an, dass der Temp -0.8K/100m ist (trocken stabil, Luftpaket wird ausgebremst) . Eine Thermikblase lösst sich mit 3K Vorsprung zur Umgebungstemperatur ab. Nach 1000m Aufstieg ist der Vorsprung nur noch 1K, das Luftpaket liefert also am Boden höhere Steigwerte als 1000m über Grund.

Dort kondensiere das Luftpaket (Wolkenbasis) und das Luftpaket steigt nun mit -0.65K/100m ab, während die Umgebung weiter einen Temp von -0.7K/100m habe. Das Luftpaket kühlt sich nun weniger stark ab als die Umgebungsluft, es baut also langsam wieder einen Temperaturvorsprung auf und beschleunigt sich wieder (feuchtlabil, das Luftpaket beschleunigt nach oben). hier hätten wir also in der Wolke wieder bessere Werte als unter der Wolke.

Das sind natürlich theoretische spielereien, es zeigt nur, dass es in der Realität nicht ganz so simpel ist :). Der feuchtadiabatische Aufstieg ist übrigens der Hauptantrieb für Konvektion, da bei der Kondensation zusätzlich Wärme im Luftpaket freigesetzt wird. Auf diesem Prinzip basiert auch der CAPE Index.
Du hast keine ausreichende Berechtigung, um die Dateianhänge dieses Beitrags anzusehen.
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Re: Temperaturgradient

Beitrag von alpi »

Hi Leute!

Des isch ja alles super interessant, wos ihr da schreibs, ober fliagn geats ihr schon auch noch, oder hockts ihr nur no beim Rechner.

Nit beas sein.

lg alpi
Augeben tuat man an Briaf.
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Re: Temperaturgradient

Beitrag von Reto »

Bei dem Wetter geht fliegen nicht, da muss man sich eine andere weniger sinnvolle Aufgabe suchen *g*
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Re: Temperaturgradient

Beitrag von DavidWinkler »

i hab mir damals, nach dem Buch, den Gradient a immer genau angschaut
und rechnen angfangen.
Als es dann oft bei an 'guten' Gratienten nit gangen,
dafür aber bei an Schlechten überraschend gut aufi gangen is,
hab i beschlossen, dass mi de Hunds-Kurven lei mehr per päriphär tangiert, beim Fliegen... und sonst a...
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Re: Temperaturgradient

Beitrag von Roland S. »

Hallo Reto!

Wird wohl doch nix mit meinem Professor...
Danke trotzdem für die Richtigstellung - sehr schön erklärt.
Würd mi grad no interessieren, ob der Hannes überhaupt des gfragt hat, was mir geantwortet haben. :roll:

Gruß,
Roland
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Re: Temperaturgradient

Beitrag von Reto »

Er wollte nur den Temp, also Temperaturdifferenz durch Höhendifferenz :). Im Buch steht das nämlich anscheinend falsch drin. Der Rest ergab sich dann so irgendwie ;).
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Re: Temperaturgradient

Beitrag von Hannes »

ja, genau Reto, mit deiner 1.Antwort hast du das ja schon richtig gestellt.

An Roland!:
Der Temp zwischen 1000 und 2000m berechnet sich jetzt ganz einfach. 1000 Meter Differenz geteilt durch 7 (die Differenz
zwischen 25 +18) ergibt einen Temp von -0,7 (minus weil die Temperatur abnimmt).
Als Tabelle erhält man:

Höhe 1000-2000m -0,7 Temp
Höhe 2000-3000m -0,8
Höhe 3000-5000m -0,4
Genau so stehts im Buch, werd aber aus dieser Rechnung nit schlau!
Mir ging es um die Erklärung im Buch, die eben genau so drin steht.

Also müsste stehen. 7 geteilt durch 1000 ist -0,007Grad/m also -07Grad/100m
trozdem Danke für deine UMFANGREICHE Erklährung Roland
Für mich ist das Thema abgeschlossen!!!
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